ARWAL - Axel - 0dB-PC


Was wären wir Männer ohne unsere Frauen? Was sie so alles anstoßen!
Meine Frau verbringt ihre Abende gerne auf unserem Sofa im Wohnzimmer. Ebenfalls im Wohnzimmer steht ein Schreibtisch: die Heimat meines PCs. Dass dieser mir so treu ergebene binäre Knecht sich allabendlich laut schnaufend, pfeifend und klickend anstrengte, dem nachzukommen, was ich von ihm verlangte, war für mich stets ein Genuss. Meiner Frau hingegen war es zuwider. Wenn ich mich an meinen Rechner setzte und unser Wohnzimmer in eine Flugzeugkabine während eines Transatlantikfluges verwandelte - zumindest dem Geräuschpegel nach - wurde sie nicht müde über diesen Lärm zu schimpfen. Welcher Mann wäre bei so viel Ärger nicht erfinderisch geworden?
Ich beschloss, uns meinen loyal lärmenden Rechner in einen 0dB-PC zu verwandeln. Keinen Mucks sollte er mehr von sich geben.


Netzteil

Wo Netzteilanfangen? Natürlich mit dem Bauteil, das den meisten Lärm verursacht. Gleich beim ersten Horchen war ich mir sicher: das Netzteil musste der Übeltäter sein. Schade eigentlich, es war noch so ein richtig altes. Schon das zweite übrigens, ich hatte es selbst eingebaut, mir dabei sogar an dem externen Netzschalter, der vorne im Computergehäuse sitzt, einen mächtigen Stromschlag geholt. Jetzt könnte ich mich rächen und es auf den Elektroschrott verbannen. Das neue Netzteil sollte ohne Lüfter auskommen. Die Auswahl war nicht groß, ich entschied mich für ein silentmaxx Fanless II. Der Kauf lief direkt über den Hersteller, eine deutsche Firma, prima, gebaut wurde das Netzteil allerdings in Fernost. Wie gut, dass meine Hauptplatine auch über einen Anschluss für modernere Netzteile verfügt. Der Einbau war schnell erledigt. Jetzt brauchte ich nur noch einen Taster für den Ein- und Ausschaltimpuls. Ich habe es mir einfach gemacht und kurzerhand die Resettaste dafür verwendet. Mit 145 € verschlang mein neues silentmaxx Fanless II mehr als die Hälfte der gesamten Umbaukosten, aber ich kann nur sagen: es ist es wert. Endlich Strom ganz ohne Ton!


Prozessor

War es nun wirklich leiser? Ich war mir nicht sicher. Der CPU-Lüfter schnaufte jedenfalls auch schrecklich laut. Das fiel mir erst jetzt auf. Ob es vielleicht einfach so, ohne Ventilator gehen könnte? Zunächst musste ich die kritische Temperatur meines Prozessors in Erfahrung bringen, schließlich wollte ich nicht, dass er mir durchbrannte. Es lebe das Internet! Die cpu-world hatte genau die Informationen für mich, die ich brauchte. Zwar sah mein Kühlkörper nicht sehr vertrauenserweckend aus, mehr so wie ein zum Labyrinth geknicktes Blech, doch ich wollte trotzdem einen Versuch wagen. Ich zog den Lüfterstecker von der Platine, schaltete den Rechner ein und – konnte schon im BIOS zusehen, wie die Temperatur unaufhaltsam stieg. So schnell wie an diesem Tag hatte ich meinen Rechner noch nie ausgeschaltet. TastaturAuf diese Art ging es also nicht. Was nun? Im Vertrauen auf die technische Weiterentwicklung hegte ich die Hoffnung, ein neuer Lüfter könne den Wunsch nach Ruhe stillen. Ich fand als leisesten einen mit 17 dB, das sei zwischen Blätterrauschen und sehr leisem Zimmer einzuordnen. Jedoch der Tausch enttäuschte. Mit dem neuen Lüfter war nicht der leiseste Unterschied zu vorher festzustellen. Ich hätte nie gedacht, dass Blätter so laut rauschen.
Es gab keine Alternative. Alle Lüfter mussten raus. Also kaufte ich für 15 € inklusive Versandkosten einen gebrauchten Prozessor, der einen größeren und massiveren Kühlkörper trägt und höhere Betriebstemperaturen aushält. Doch es half nichts. Als ich das Gehäuse schloss, wurde es auch dem neuen binären Hirn zu heiß. Seine Abwärme staute sich. Wie gut, dass ich mich mit SpeedFan darum gekümmert hatte, wie ich die CPU gegen Überhitzen schützen kann. Zumindest das lief nach Plan: mein Rechner schaltete sich automatisch ab. Dies war natürlich keine Lösung. Irgendwie musste der Wärme ein Weg gebahnt werden, auf dem sie raus konnte. Also habe ich in die Seite des Computergehäuses eine 5 x 10 cm und in die Oberseite eine 10 x 10 cm große Öffnung geschnitten und Gitter eingesetzt. Siehe da, es klappt: auch der Prozessor kommt jetzt ohne Lüfter aus – himmlische Ruhe.


Festplatte

Wirklich ruhig war es jedoch noch immer nicht. Seit kein Lüfter mehr schnaufte, hatte sich die bisher leise gurrende Festplatte in ein unerträglich pfeifendes Monster verwandelt. Oder kam es mir nur so vor? Jedenfalls begann ich, Informationen zu SSDs zu sammeln. Ich brauchte nichts Großes, etwas über 20 GB reichte völlig. Was mich verunsicherte, war der Hinweis, dass ich mit meinem Betriebssystem (Windows XP) kein SSD verwenden sollte. Aber ich wollte es trotzdem versuchen. Um das Pfeifen abzustellen war ich gerne bereit, ein Risiko einzugehen. Die Wahl war schnell getroffen, Transcend wurde mit Abstand am günstigsten angeboten. Da meine Hauptplatine keinen SATA-Anschluss hat, kaufte ich passend zu meinen 40-poligen IDE-Verbindungen ein PATA SSD 32GB PSD330 samt IDE-Adapter und Versand für 58 €. Stolz baute ich es ein, startete den Rechner und war verblüfft: mein Neuerwerb wurde vom Betriebssystem angezeigt, nicht aber vom BIOS. Das war fatal. Nur von einem Gerät, das dem BIOS bekannt war, konnte das Betriebssystem gestartet werden. SSDWas tun? In meiner Verzweiflung mutete ich dem BIOS-Chip ein Update zu. Et voilą! Das SSD wurde jetzt auch vom BIOS erkannt. Dem Wechsel zum Flash stand nichts mehr im Wege. Mit XXClone (absolut Spitze!) kopierte ich mein gesamtes HDD auf das SSD. Anschließend sorgte ich dafür, dass mein PC nun das neue Gerät als Bootlaufwerk verwendet. Der Umstieg war geschafft. Zu guter Letzt schaltete ich Papierkorb, Systemwiederherstellung, Suchindex sowie Prefetch-Funktion von Windows ab, um dem neuen Speichermedium möglichst wenige Schreibzugriffe zuzumuten. Die Auslagerungsdatei ließ ich aktiviert, sonst hätte ich auf umfangreiche Tabellenkalkulationen und Bildbearbeitungen verzichten müssen. Es lief tadellos.
Nun wäre die Magnetplatte eigentlich überflüssig gewesen. Ich hatte aber beschlossen, sie als Sicherungslaufwerk eingebaut zu lassen. Dies bewährte sich schneller als geahnt. Bereits nach 14 Tagen überraschte mich mein SSD: Der Ordner „Dokumente und Einstellungen” konnte nicht gelesen werden. Das System startete nur notdürftig. Dank des Sicherungs-HDD war der Ordner jedoch schnell kopiert und der Fehler behoben. Das war Ende Juni 2013. Ähnliches passierte Ende März 2014. Anfang Juli 2014 war es dann die Verzeichnisstruktur, die den Geist aufgab. Mit dem SSD war kein Systemstart mehr möglich. Diesmal musste mehr getan werden, als nur einen Ordner zu kopieren. Gut, dass ich ein Startmenü vorbereitet hatte: Ich wählte das Sicherungslaufwerk für den Systemstart und kopierte mit XXClone das HDD aufs SSD. Auch Ende November 2014 versagte die Verzeichnisstruktur. Diesmal so, dass nicht einmal das Bootmenü angezeigt wurde. Also stellte ich die Bootreihenfolge im BIOS um. Der Start des Betriebssystems von einem der Sicherungslaufwerke brachte die Reparatur der defekten Verzeichnisstruktur automatisch mit sich und ich konnte anschließend tadellos weiterarbeiten. Abgesehen von diesen vereinzelten kleinen Pannen, die sich alle leicht beheben ließen, läuft das SSD fehlerfrei Tag für Tag.
Was mich allerdings lange in Atem hielt, war das ungehörige Verhalten meines Betiebssystems. Ich wollte doch, dass mein Rechner absolut geräuschlos seinen Dienst versah. Dafür hatte ich das HDD schlafen geschickt. Aber jede Stunde ging Windows her und weckte es wieder auf! Das war weder gesund für mein HDD noch für meine Nerven. Ich will ehrlich sein. Die Lass-sie-schlafen-Einstellung des Betriebssystems habe ich nicht ausfindig machen können, aber ich habe eine für meine Bedürfnisse passende Lösung gefunden: Ich verwende zwei Hardwareprofile, eines für den regulären Betrieb und eines für Sicherungen. Im regulären Betrieb geht das HDD nach kurzer Zeit wie gewünscht dauerhaft schlafen. Ich hatte es tatsächlich geschafft! Wenn mein Rechner jetzt läuft, ist dies zwar zu sehen, aber hören lässt es sich nicht mehr!


Tastatur

Nachdem Tastaturdas Lüfter-Schnaufen und Laufwerks-Pfeifen abgestellt war, fiel jetzt das Klicken der Tasten unangenehm auf. Folglich brauchte ich auch eine neue Tastatur, die so leise wie nur irgend möglich, dabei aber bezahlbar blieb. Klein sollte sie außerdem sein, denn bisher hatte ich eine Keysonic ACK-595, eingebaut in der mittleren Schreibtischschublade. Mit diesem Platz musste sich auch die neue Tastatur begnügen. Es gab nur ein einziges Modell, das all diesen Anforderungen genügte: eine Silikontastatur mit 84 Tasten, 10 €, Versand inbegriffen. Da es sich um ein waschechtes Noname-Produkt „Made in China” handelte, waren ein paar Hürden zu nehmen, bevor ich mit ihr zufrieden war: Starthilfe für die flexible USB Silikon Tastatur, wasserfest, aufrollbar, weiß, neu.
Inzwischen versieht sie (übrigens am DIN-Anschluss) alltäglich ihren Dienst. Auf ihr zu tippen ist sehr gewöhnungsbedürftig, sie nimmt es mit dem Druckpunkt sehr genau. Aber sie ist wunderbar leise und dämpft geduldig das Trommeln meiner Finger. Mögen diese sich auch noch so hartnäckig dem Schweigegebot widersetzen, die Tasten zumindest bleiben herrlich stumm.


Seit Juli 2013 ist es jetzt still an meinem Arbeitsplatz im Wohnzimmer. So still, dass ich mein Atmen hören kann. Noch hat meine Frau nichts gesagt, aber ich werde mir vorsorglich Gedanken machen, wie ich auch das noch abstellen kann...


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Zuletzt bearbeitet im November 2014